Im Alter von 2 bis 6 Jahren haben Kinder häufig Phasen, in denen sie unflüssig sprechen. Sie wiederholen Wörter und ganze Satzteile und benutzen Füllwörter. Meistens handelt es sich um entwicklungsbedingte Unflüssigkeiten, die entstehen, wenn der Wortschatz und die grammatischen Fähigkeiten sich explosiv erweitern und das Kind deutliche Reifeprozesse durchlebt. Diese stotterähnlichen Unflüssigkeiten sind locker und leicht und lösen weder beim Kind noch beim Erwachsenen emotionale Reaktionen aus. In der Regel verschwinden sie wieder von allein.
Echtes Stottern unterscheidet sich von diesen normalen Unflüssigkeiten. Es ist eine Störung der motorischen Abläufe der Sprechbewegungen, die sich der willentlichen Einflussnahme entziehen und damit zu unfreiwilligen Unterbrechungen des Redeflusses führen.
Etwa 5% aller Kinder durchlaufen in ihrer Sprachentwicklung eine Phase, in der Stottern auftritt. Dieses symptomatische Stottern kann für das Kind und sein Umfeld eine deutlich wahrnehmbare und belastende Herausforderung darstellen. Laute, Silben, Wörter und Satzteile werden wiederholt, blockiert oder gedehnt. Sekundär können sich Begleitsymptome entwickeln. Die mimische Muskulatur und oder die Gesamtkörpermuskulatur spannen sich an, der Atem wird angehalten oder hastig eingezogen. Das Kind zeigt vielleicht sichtbares Anstrengungsverhalten, Sprechangst und weniger Sprechinitiative. Somit kann nicht nur der Sprechablauf massiv gestört sein, sondern auch die gesamte zwischenmenschliche Kommunikation.
Ca. zwei Drittel dieser Kinder verlieren ihr Stottern wieder vor der Pubertät.
Eine frühzeitige Beratung oder diagnostische Abklärung verhilft zu einer klaren Einschätzung des unflüssigen Sprechens und somit zur Entscheidung ob überhaupt und wenn ja, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Eine frühzeitige Therapie verbessert die Chance, dass das Stottern verschwindet.
Ihr Kinderarzt wird Ihnen nach Schilderung Ihres Anliegens und nach kinderärztlicher Einschätzung (z. B. nach dem „Redeflusskompass“ oder in Anlehnung an „Stottern. Ein Leitfaden für die kinder-und jugendärztliche Praxis“ eine logopädische Verordnung ausstellen („Heilmittelverordnung für Sprach-Sprech- und Stimmstörungen“ Indikationsschlüssel RE 1)
Nach spezifischer logopädischer Anamnese und Diagnostik wird entschieden ob eine Therapie begonnen wird und wenn ja, das weitere Vorgehen geplant. Entscheidungsgebend sind der
Schweregrad des Stotterns (Art und Häufigkeit, Begleitsymptome)
Eventuelle psychische Reaktionen des Kindes, z.B. Verlust der Sprechfreude, Hinweise auf Belastungen in der Kita
Risikofaktoren, z.B. eine Sprachentwicklungsverzögerung oder Stottern in der Familie als genetische Prädisposition
Wenn die Sprechauffälligkeiten Ihres Kindes in Form von Wiederholungen, Dehnungen oder Blockierungen voller Spannung sind oder die Stimme lauter oder höher wird.
Das Gesicht sich beim Sprechen mitbewegt.
Der Blickkontakt abgebrochen wird.
In fast jedem Satz gestottert wird.
Wenn Ihr Kind leidet und auf seine Art darüber spricht, wie schwierig das Sprechen sei, z.B. Das ist doof - das nervt - ich kann nicht richtig sprechen so wie die anderen.
Wenn es sich wütend oder frustriert aus der Kommunikation zurückzieht.
Das Stottern seit mehreren Monaten unverändert auftritt.
Wenn Ihr Kind Sprechangst entwickelt und sich zurückzieht.
Wenn es in der Sprachentwicklung stagniert.
Wenn Sie sich ernsthaft Sorgen machen.
Modifikationstherapie in Anlehnung an KIDS nach Sandrieser/Schneider (Kinder dürfen stottern) mit dem Ziel der
Reduzierung der Sprechanstrengung und einem angstfreien Umgang mit dem Stottern bei Eltern und Kind.
Methoden:
-Pseudostottern (absichtliches lockeres Stottern erleichtert die Annäherung ans flüssige Sprechen und desensibilisiert Eltern und Kind)
-Modifikationstechniken und verflüssigende Sprechweisen ausprobieren
-Sprechmut wecken, Angst reduzieren, Sprechinitiative wecken.
-Elternarbeit
Sie erhalten Informationen über kindliches Stottern und über das Therapiekonzept.
Wir erarbeiten wie Sie Ihr Kind in dieser schwierigen Phase nach Ihren Möglichkeiten unterstützen können.
In den Elterngesprächen stehen Ihnen Zeit und Raum zur Verfügung um sich offen und angstfrei mit dem Stottern zu beschäftigen und die eigenen Ängste und Erwartungen einzubringen. Sie werden die Reaktionsweise Ihres Kindes und Ihre eigene auf das Stottern verstehen und einschätzen.
Wir sprechen über die Sorge, die Stottern auslösen kann und wie sich die Sorge auf Ihre Reaktion und die Spannung Ihres Kindes überträgt.
Sie lernen sprechflüssigkeitsfördernde Kommunikationsformen kennen oder es wird Ihnen bewusst wie fördernd sie sich bereits intuitiv verhalten und wie bedeutsam dies ist. (z.B. eventuelle Stressoren reduzieren wie Zeitdruck, hohe, Erwartungen, Zuhörerverlust, Unterbrechungen, ruhige Aufmerksamkeit geben, auf den Inhalt hören).
Die Akzeptanz der momentanen kindlichen Entwicklungsphase, Optimismus, Zutrauen zu sich und zum Kind erleichtern es allen Beteiligten mit dem Stottern im Alltag zu leben.
Es lässt sich nicht vorhersagen, bei welchen Kindern und mit Hilfe welcher Behandlungsmethode das Stottern verschwindet oder sich reduziert. Je früher eine Behandlung oder Beratung beginnt, umso besser sind die Chancen.
Wenn keine Therapie stattfindet, werden sie gut informiert und beraten. Es werden Beobachtungszeiträume vereinbart und Kontrolltermine durchgeführt.